
Ein gewöhnliches Mädchen und ein Prinz, zwei böse Stiefschwestern und ein verlorener Schuh – dieses Märchen kennt jeder: »Aschenputtel«.
Cinderella ist verzweifelt. Während sie immer noch um ihre verstorbene Mutter trauert, hat ihr Vater bereits beschlossen, wieder zu heiraten. Seine neue Frau samt den zwei verwöhnten Töchtern hat er gleich mitgebracht.

Cinderella muss den neuen Stiefschwestern ihr Zimmer überlassen, in die Küche ziehen und sie zudem noch bekochen. Ihre einzige Freude ist Sebastian, der sie oft in ihrem Garten besucht. Leider ist diese gemeinsame Zeit immer viel zu kurz.

Was Cinderella nämlich nicht weiß: Sebastian ist ein Prinz, der ebenfalls Probleme hat mit seinem Vater, dem König. Er ist krank, muss nun für die Zukunft planen und möchte, dass Sebastian in seine Fußstapfen tritt. Dafür muss er heiraten, und zwar eine Prinzessin ...
Kann Mozart, der Komponist des Königs und geheimnisvoller Beschützer von Cinderella, Sebastian überzeugen, sich gegen den Willen seines Vaters für Cinderella zu entscheiden?

Wird er Cinderella dabei helfen, für kurze Zeit eine Prinzessin zu sein, um einmal auf einem prachtvollen Ball im Königsschloss zu tanzen? Kann sich Cinderella so aus der Unterdrückung ihrer Stiefmutter und -schwestern befreien und ihren eigenen Weg gehen – mit Sebastian?

Charles Ways humorvolle Modernisierung Cinderella verknüpft auf sensible Art und Weise aktuelle mit traditionellen Elementen des Märchens.

Sebastians Versuch, der Stimme seines Herzens zu folgen und den Erwartungen seines Vaters gerecht zu werden, sowie die heutzutage zeitgemäße Patchwork-Familien-Situation Cinderellas stehen dabei im Zentrum. Natürlich mit einem märchenhaften Happy End.

Mit:
Sibel Polat, David Grimaud, Peter Lindhorst,
Elisabeth Hütter, Charity Laufer, Marion Jeiter,
Massoud Baygan, Felix Jeiter
Regie: Corinna Preisberg
Ausstattung: Jasna Bosnjak
Musik: Jogi Mittl
Dramaturgie: Karoline Felsmann
Fotos: Florian Merdes
Kritik:
Mozart rettet die Liebe?
Von unserem Mitarbeiter Eckhard Britsch; Mannheimer Morgen
Macht Liebe blind? Nein, im Gegenteil, denn in der Aschenputtel-Story findet zusammen, was zusammengehört. Das Märchen vom Mädel, das von der bösen Stiefmutter und den Stiefschwestern gedemütigt wird, ehe es seinen Prinzen mit Hilfe eines verlorenen Schuhs gewinnt, eröffnete jetzt als
"Cinderella" in der Fassung von Charles Way mit der musikalischen Umsetzung von Johannes Mittl die Heidelberger Schlossfestspiele.

Das Schöne an neuen Intendanten ist, dass sie immer noch eine weitere Spielstätte finden. Die für "Cinderella" ist der Ballspielhof auf dem Schloss, dort passen ungefähr 400 Leute auf die Tribüne und selbstverständlich war die Premiere bei strahlendem Sonnenschein ausverkauft. Und alle hatten ihren Spaß, das fröhlich mitgehende Publikum im Alter zwischen fünf und 75 ebenso wie das junge, spielfreudige Ensemble, das in der Regie von Corinna Preisberg eifrig punktet.

Charles Way und die Inszenierung aktualisierten das Märchen; jetzt haben wir eine Patchwork-Familie um den verwitweten Uhrmacher; und Cinderella ist kein demütiges Mädchen, sondern eine aufbrausende Heranwachsende, die um die verstorbene Mama trauert, aber ansonsten heftig aufbegehrt, wenn ihr Unrecht widerfährt. Doch in Herzensdingen ist sie ganz zart, romantisch und zielstrebig. Das macht Sibel Polat bezaubernd und ihr Schlussduett "Reich mir die Hand" mit dem Märchenprinzen Sebastian glückt so anrührend, dass einem einige Seufzer entweichen. David Grimaud zeigt den Prinzen als liebenswerten Burschen, der sich vom Vater König erst mühsam emanzipieren muss, ehe er sich rückhaltlos zu seiner Liebe bekennt. Dabei hilft ihm der agile Felix Jeiter als Mozart, der die Fäden in der Hand hält und auf der Melodika passende Musikzitate zwischen g-Moll-Sinfonie, "Zauberflöte" und "Don Giovanni" anspielt.

Schrill in Spiel und Kostümierung (Jasna Bosnjak, die auch die Bühne gestaltet) toben Charity Laufer und Marion Jeiter als die bösen Schwestern Constanze und Aloysia durch die Szene. Mama Maria (Elisabeth Hütter) hat ihnen Tanzen und Singen beigebracht, damit sie einen Prinzen abkriegen, aber alle Drei können ihren berechnenden Charakter nicht ablegen; deshalb müssen sie ihre Lebensplanung wohl umstellen. Davon könnte der Papa profitieren, den Peter Lindhorst als gutmütigen Herrn darstellt, der sich nicht wehren kann. Als komische Figur ist der König angelegt, Massoud Baygan spielt ihn köstlich. Also: eine charmante, zuweilen im Tempo hektische, aber dadurch auch griffige Produktion, die zum Renner
werden wird. Denn die Figuren sind "Typen", die Sehnsüchte und komische Seiten des Lebens witzig und frech servieren. Happy End.
© Mannheimer Morgen, Dienstag, 18.06.2013
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